Ernährung im Alter

April 24, 2019

Ernährung im Alter

Wie sich viele unserer Ansprüche und Wünsche über die Zeit unseres Lebens verändern, entwickeln sich auch die Bedürfnisse unseres Körpers von der Kindheit bis hin zur Seniorität weiter. Wie Sie sich im Alter gesund ernähren und welche Herausforderungen in der Pflege rund um die Thematik Ernährung im Alter wahrgenommen werden, erfahren Sie in unserem Interview mit der diplomierten Pflegefachfrau und Ernährungsberaterin Eliane Morf.

Warum ist es besonders wichtig mit steigendem Alter verstärkt auf seine Ernährung zu achten?

Eliane Morf: Im Alter sinkt der Energiebedarf, während jedoch der Bedarf an Nährstoffen, insbesondere von Eiweiss, gleichbleibt oder sogar erhöht ist. Aufgrund des oft reduzierten Hunger- und Durstgefühls im Alter, stellt die adäquate Nährstoffversorgung oftmals eine Herausforderung für alle Beteiligten dar.

Weshalb ist es so wichtig, dass man Rücksicht auf eine vollständige Nährstoffversorgung des Körpers achtet?

Eine ausgewogene Ernährung ist essentiell, damit der Stoffwechsel resp. der Körper die idealen Voraussetzungen hat, um einwandfrei funktionieren zu können. Die Zufuhr an Makronährstoffen wie Kohlenhydrate und Fett ist meist ausreichend, während die Eiweisszufuhr bei vielen Personen eher kritisch ist. Das Eiweiss ist jedoch unabdingbar für unser Immunsystem, für den Muskelaufbau und – erhalt, wie auch für viele weitere Körperfunktionen.

Welche gesundheitlichen Folgen können durch einen Nährstoffmangel ausgelöst werden?

Die möglichen Auswirkungen einer unzureichenden Nährstoffzufuhr sind vielfältig und der Prozess geschieht oft schleichend. Unter anderem kann eine Unterversorgung des Körpers mit Nährstoffen eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit infolge reduzierter Immunabwehr verursachen. Weiter kann eine Neigung zu Wunden (Dekubiti) und erhöhte Sturzgefahr durch ungenügend versorgte und damit geschwächte Muskeln auftreten. Dies mindert die Lebensqualität der Betroffenen spürbar.

In Ihrem beruflichen Alltag sind Sie häufig in Alters- und Pflegeheimen. Welche Erfahrungen haben Sie dabei in Bezug auf den Umgang der Institutionen mit dem Thema Ernährung gesammelt?

Ernährungsthemen werden in den verschiedenen Institutionen sehr unterschiedlich behandelt. Es gibt einige Heime, die bereits standardmässig die Bewohnenden auf eine Mangelernährung untersuchen und beispielsweise Küchenpersonal schulen, wie Cremesuppen und ähnliche Speisen mit Eiweisspulver angereichert werden können. Vielerorts ist die Thematik jedoch noch zu wenig systematisch im Pflegeprozess verankert.

Wir erkennt man eine Person, die an einer Mangelernährung leidet?

Wir empfehlen zur Erkennung einer Mangelernährung beim Eintritt in die Institution den momentanen Ernährungszustand zu erheben. Dazu gibt es verschiedene Tests, die in der Praxis einfach anwendbar sind (weitere Infos zu den Tests finden Sie in der Verlinkung am Ende des Interviews).

Weiter kann Gewichtsverlust, verminderte Wundheilung wie auch ein allgemein schlechter Gesundheitszustand auf eine ungenügende Ernährung hindeuten. Wir erhalten auch Hinweise vom Pflegepersonal, wenn Personen über längere Zeit weniger oder sehr einseitig essen und trinken – oft ist dann eine Ernährungsintervention angebracht.

Wie können Sie und Ihr Team dazu beitragen, dass das Bewusstsein um die Relevanz einer adäquaten Ernährung im Alter an Bedeutung gewinnt?

Wir tragen beispielsweise durch Schulungen zur Sensibilisierung der Mitarbeitenden in der Pflege, der Hotellerie und der Küche für das Thema Ernährung im Alter bei. Wir instruieren verschiedene Techniken zur Überprüfung und Verfolgung des Ernährungszustandes und unterstützen bei der Auswertung der Ergebnisse. Zudem besprechen und planen wir mögliche Ernährungsinterventionen mit den Betroffenen, ihren Angehörigen, dem Pflegeteam und der Küche.

Wie gehen Sie bei einer Ernährungsintervention vor?

Primär ist es wichtig, dass den Anliegen der PatientInnen Rechnung getragen wird. Stellen wir ein Risiko für eine Mangelernährung fest, gilt es, alle betroffenen Parteien zu involvieren. Wir machen gute Erfahrungen mit Rundtischgesprächen, bei denen der Patient, die Angehörigen, das Pflege- und Küchenpersonal wie auch mögliche Therapeuten, beispielsweise aus der Logopädie, vertreten sind. So kann die Situation von allen Blickwinkeln betrachtet und ein mögliches Procedere festgelegt werden.

Welche Gründe führen zur Ablehnung einer Ernährungsintervention und wie, denken Sie, ist das Konzept trotzdem umsetzbar?

Oft werden dazu Argumente bezüglich Kosten und Zeitaufwand aufgegriffen. Meines Erachtens sind diese Gründe jedoch nicht haltbar, da eine adäquate Ernährung ein Grundrecht eines jeden Menschen ist und eine gute Ernährung sich nachhaltig positiv und auch präventiv auf die Gesundheit auswirkt. Das heisst: wird eine Mangelernährung frühzeitig erkannt und behandelt, können oftmals mit kleinen Interventionen weitere Auswirkungen wie Dekubiti, Stürze, Infektionen und andere Konsequenzen vermindert und so schliesslich Kosten gespart werden.


Eliane Morf

Eliane Morf, dipl. Pflegefachfrau HF und Ernährungsberaterin BSc

  • Teamleitung FresuCare Region Ost

Schwerpunkte ihrer Tätigkeiten bei Fresenius Kabi

  • Schulung und Belieferung von Patienten, Angehörigen, Fachpersonal
  • Weiterbildungen im Bereich Ernährung (Mangelernährung, Dysphagie, Sondenpflege, parenterale Ernährung)

Sie möchten gerne mehr zum Thema Ernährung im Alter erfahren? Besuchen Sie uns an unserem Geriatrie-Symposium am 19. Juni 2019 in Baden. Es erwarten Sie unter anderem spannende Beiträge der renommierten Ernährungsexperten Prof. Dr. med. Reto W. Kressig (Ärztlicher Direktor Universitäre Altersmedizin FELIX PLATTER, Basel) und Dr. clin. nutr. Caroline Kiss (Leiterin klinische Ernährung Universitäre Altersmedizin FELIX PLATTER, Basel).

Wir bedanken uns für das Interesse und freuen uns auf Ihren Besuch.

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Weitere Informationen zu den Mangelernährungstests finden Sie hier.