Künstliche Intelligenz zieht in die Arzneimittelproduktion ein

April 13, 2022 

Rund 100 Millionen Arzneimittel wie Anästhetika, Analgetika und Antibiotika verlassen jährlich das Grazer Werk von Fresenius Kabi. Nach den höchsten Maßstäben werden die Prozesse zur Herstellung der Chargen analysiert – und protokolliert: Dafür kommt nun in einem Pilotprojekt künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz. Für die Umsetzung zeichnet sich der Grazer KI-Pionier Leftshift One verantwortlich.

„Da unsere Produkte auf den nationalen und internationalen Pharmamarkt gehen, sind von deren Qualität Millionen Menschenleben – rund um den Globus – abhängig. Diese Produkte müssen in physikalisch-chemischer und mikrobiologischer Hinsicht schlichtweg perfekt und steril sein. Es wird keine Abweichung geduldet“, betont Werksleiterin DI Dr. Ruth Staubmann die hohen Qualitätsvorschriften. „Die Produktion ist ein industrieller Prozess, an dem Menschen und Maschinen unter anspruchsvollsten Anforderungen partizipieren. In seltenen Fällen kann es dennoch zu Abweichungen von vordefinierten Prozessen kommen. Worauf es dann ankommt, ist die Abschätzung der Auswirkungen auf das Produkt“, erklärt Fresenius Kabi Austria-Innovationsleiter Christoph Köth. Je schneller, genauer und eindeutiger die Dokumentation der Abweichungen erfolgt, desto zielgerichteter können die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet werden.

Gemeinsam mit dem Technologiespezialisten Leftshift One setzt Fresenius Kabi Austria künstliche Intelligenz auf den Produktionslinien ein. „Mit Hilfe der KI wollen wir sicherstellen, dass die Informationen zur Analyse einer Abweichung ausreichend und vollständig sind“, erklärt Köth. Während bislang die Dokumentation des Fertigungsmitarbeiters ausschließlich durch Qualitätsexperten interpretiert wurde, nimmt nun die KI zusätzlich eine Analyse des Vorfalls vor. „Unsere Technologie ist in der Lage, die textliche Beschreibung des Mitarbeiters zu analysieren und einzuordnen“, erklärt Patrick Ratheiser, Geschäftsführer von Leftshift One.

Allerdings gilt auch bei Fresenius Kabi Austria: Die endgültige Entscheidung, wie mit dem vom Plan abweichenden Vorkommnis umzugehen ist, obliegt weiterhin den Qualitätsexperten. „Wichtig bleibt, dass wir bei der Entscheidung mit diesem KI-basierten Tool einen unparteiischen Qualitätsassistenten zur Seite stellen“, hebt Innovationsleiter Köth hervor. Im Rahmen von Diplomarbeiten untersucht der Gesundheitskonzern in diesem Zusammenhang, welche Maßnahmen erforderlich sind, um die Unabhängigkeit der Entscheidungen der Qualitätsexperten von den Vorschlägen der KI zu gewährleisten. „Je besser die Empfehlungen werden, desto höher ist die Akzeptanz der Menschen. Daher müssen wir sicherstellen, dass der Mitarbeiter zu jedem Zeitpunkt proaktiv den Vorschlag der künstlichen Intelligenz überprüft“, betont Köth.

Schmiedhofer, Ratheiser, Köth, Weber (v.l.n.r. - Fotocredit: Leftshift One)

Werk Graz (Fotocredit: Fresenius Kabi Austria)